Wilhelm am Giebel

Seinen »Wilhelm« darunter setzen, diese umgangssprachliche Aufforderung, ein Papier zu unterschreiben, kennen sicher einige. Auch das Fort Hahneberg hatte bis Ende der 1940er Jahre seinen »Wilhelm«.

Giebel der Kehlkaserne

Das Kürzel »W« für »Wilhelm« ist über historische Aufnahmen dokumentiert, die im Archiv des Stadtgeschichtlichen Museum Spandau erhalten sind. Sie zeigen unter anderem den linken Kehlgraben mit Blick zur Grabenwehr und damit den südlichen Giebel der Kehlkaserne. In der hellen Fassadenfläche zeichnet sich etwas dunkler, ähnlich dem Sockel, den Pfeilern vor den tragenden Querwänden und dem oberen Fassadenabschluß vor der über die Dachdecke ragenden Schildmauer ein »W« ab.

Die Fassaden der Kehlkaserne sind, wie jeder Besucher der Festung heute noch feststellen kann, entgegen allen anderen Bauteilen des Forts mit roten Klinkern verblendet worden. Sie setzte sich dadurch deutlich von den Grabenmauern, Blockhaus und Pferdestall als repräsentatives Bauwerk am Eingang ab. Sockel, Pfeilervorlagen und oberer Fassadenabschluß sind durch dunkelrote Klinker noch einmal als architektonische Elemente hervorgehoben. Das »W« war aus ebensolchen dunkelroten Klinkern in die ziegelrote Fassade eingefügt.

Fertiggestellt wurde das Fort im sogenannten »Dreikaiserjahr« 1888. Der Bauherr Wilhelm Friedrich Ludwig von Preußen (Wilhelm I., 1797–1888) war am 9. März gestorben. Bereits am 15. Juni starb sein Nachfolger Friedrich Wilhelm Nikolaus Karl von Preußen (Friedrich III., 1831–1888). Der neue höchste Mann im Staat wurde nun Friedrich Wilhelm Viktor Albert von Preußen, (Wilhelm II., 1859–1941).

Südgiebel der Kehkaserne

Die gesamte Anlage des Fort ist spiegelbildlich angelegt. Es wäre daher möglich, daß auch den nördlichen Giebel ein »W« geziert haben könnte. Das wäre ein baulicher Vorgriff auf den »Wilhelm Zwo« gewesen, der zu Planungs- und Baubeginn des Fort auf dem Hahneberg nicht absehbar war.

Wie zum Ende des Ersten, verlangten auch beim Ende des Zweiten Weltkrieges die siegreichen Alliierten, militärische Bauwerke wie das Fort zu beseitigen oder mindestens unbrauchbar zu machen. Die nur mit kleinen Scharten versehenen Grabenwehren wurden gesprengt, auch das nördlichste Gewölbe der Kehlkaserne wurde teilweise durch Sprengung zerstört. Zudem wurde das Fort als »Steinbruch« für den Aufbau umliegender Häuser freigegeben. Und so stammt unsere jüngste Aufnahme des »W« am südlichen Giebel von einer Familie, der Anfang Oktober 1947 erlaubt wurde, die Eskarpemauer im linken Kehlgraben zum Bau eines eigenen Hauses abzubrechen. Ein Großteil der Verblendung an der südlichen Fassade ging erst später, vermutlich durch den Abbruch der Schildmauer verloren. Luftaufnahmen ab 1949 zeigen, daß der auf dem Dach des südlichen und nördlichen Kasernenflügels befindliche Erdwall dafür in die Höfe geschoben wurde.

Roter Klinker

Seitdem hat das eindringende Wasser der verbliebenen Verblendung zugesetzt. Ein einziger roter Klinker ist mitten im südlichen Giebel noch erhalten.
Vom nördlichen Giebel kennen wir keine Fotografien. Verblüffenderweise ist trotz der Sprengung in diesem Bereich mehr von der Verklinkerung erhalten geblieben – und spricht dagegen, daß sich auf dieser Fassade jemals ein »Wilhelm« befand.