Vereinsfahrt nach Magdeburg

Regionalbahnhof Berlin-Charlottenburg

Am Sonnabend den 3. Dezember 2022 fuhren acht Vereinsfreunde und zwei Gäste zu den Magdeburger Festungsfreunden. Es ist lange her, daß wir als größere Gruppe in Magdeburg waren. Im Februar 2014 besuchten wir unter anderem die Kaserne Mark, den Kavalier I, Scharnhorst und das Ravelin 2. Dagegen besuchten die Magdeburger uns mehrmals zu unseren Historischen Festen und einzelne Vereinsfreunde hielten untereinander immer wieder direkten Kontakt.

Der Rundgang begann für uns naheliegend am Magdeburger Hauptbahnhof. Naheliegend aus mehreren Gründen, ein Teil war mit dem Zug angereist, die Festung Magdeburg diente der Sicherung des Bahnübergangs über die Elbe und vom Bahnhof aus war es nur ein kurzer Weg zur westlichen Flanke der ehemaligen Stadtbefestigung. Hatte die barocke Festung noch die doppelte Fläche der Stadt eingenommen, die sie schützte, kam die neue Festung in preußischer Manier mit geringerer Tiefe aus. Was nicht heißt, daß es keine gestaffelte Verteidigungsstellung mehr gab. Die Magdeburger Festungsfreunde haben dies in einer Grafik der Festungsanlagen des 19. Jahrhunderts dargestellt. Oben im Norden noch die tief gestaffelten Wälle der unzähligen Bastionen und im Westen und Süden eine schmalere Verteidigungslinie mit den Kavalieren und einzelnen, vorgelagerten Ravelins.

Editharing

Zuerst ging es quer über die still liegende Baustelle am Damaschkeplatz in eine Grünanlage am Editharing, nordwestlich des Magdeburger Ringes, hügelan. Einmal dem Weg in die Kurve wieder hügelab gefolgt, taucht linkerhand der etwa sechs Meter tiefer liegende Parkplatz zwischen Grünanlage und straßenabgewandter Giebelseite eines kasernenartigen Gebäudes auf. Aus der steilen Böschung ragt hier eine schmales, gemauertes, mit Erde abgedecktes Gebäude. Der Zugang an dessen Spitze ist mit einer Luftschutztür aus der Zeit des Kalten Krieges gesichert. Was wir hier sahen, ist die Spitze, das eingeschossige Blockhaus eines Ravelins. Zuerst hatten wir noch spekuliert, ob es sich um einen Flügel der ehemals zweiteiligen Grabenwehr des Ravelin 3 handeln könnte. Dagegen sprachen die parallel zueinander laufenden seitlichen Fassaden, wie uns später aussagekräftige Modelle der Magdeburger Festungsfreunde bestätigten. Der hinter dem Blockhaus gelegene Graben ist also vollständig unter der Grünanlage verschwunden, womöglich auch die komplette, immerhin zweigeschossige Grabenwehr.

[Nachtrag] Unsere Magdeburger Festungsfreunde haben uns mitgeteilt, daß die Blockhäuser nie errichtet wurden, wir hier also die Spitze des nach Südwesten ausgerichteten Flügels der Grabenwehr sehen.

Zurück über die fußgängerfreundlich stillgelegte Straße gingen wir in das nördliche Ende der Maybachstraße. Hier wird der Magdeburger Ring durch ein langezogenes zweigeschossiges wieder mit Erde abgedecktes Bauwerk abgeschirmt, dem Kavalier VI. Gleich gegenüber dem Zentralen Omnibusbahnhof beim Konrad-Adenauer-Platz fällt eine hoher Giebel mit einem großen Tor und zwei flankierenden Türen auf. Eines der beiden Pulvermagazine. Dieses in seinen Maßen etwa eineinhalbmal größer als eine der Pulverkammern im Fort Hahneberg. Trotz unverschlossenem Tor konnten wir keinen längeren Blick hineinwerfen, da der darin werkelnde Mieter kein Interesse an unserem hatte.

Kavalier VI

Unwissende von uns wurden durch einen Vereinsfreund über die Namensherkunft »Kavalier« aufgeklärt: Der »Chevalier«, also französische Wortherkunft, reitet auf dem Wall, anders: Kavalier bezeichnet eine gegenüber dem Festungswall erhöhte Geschützstellung. Nun wissen wir wieder mehr als Wikipedia. Viel Erhöhung ist nicht mehr zu sehen, da Bäume und Gartenlauben alles etwas verunklaren. Aber die ein oder andere Hohltraverse als Aufgang aus den Kasematten auf den Wall blitzen dazwischen noch hervor. Nicht gefragt haben wir nach dem Begriff Ravelin (Wallschild), da uns dessen Funktion über die im Fort Hahneberg vorhandenen Grabenwehren bekannt vorkam.
In der südlichen Pulverkammer des Kavalier VI residiert, ein große Tafel weist auf eine »Raumschießanlage« hin, der Sudenburger Großkaliberschützenverein von 1487 Magdeburg, der hier im Festungsbauwerk sicher nicht mit solchen schießt.

Foto links, der Kavalier VI an der Maybachstraße, Dezember 2022

Die Festungsfreunde besuchten wir, weiter die Maybachstraße nach Süden laufend, standesgemäß von freundwärts, also durch die Kasematten des Kavalier V. Eine große Zahl Magdeburger, die sich für den Adventsmarkt im Ravelin 2 interessierten, kommen so, wie wir das erste Mal hierher kamen: von feindwärts, also über das Glacis aus Richtung des Adelheid- oder Sachsenring über den Magdeburger Ring.

Hohltraverse

Vor knapp acht Jahren war der Weg von der Maybachstraße durch den Kavalier V in das Ravelin 2 noch nicht möglich, da die Klappbrücke über den Festungsgraben fehlte. An ihre Stelle war ein übermannshoher Verschluß geschweißt worden. Alle Gebäude waren offen liegend, nur zum Teil noch provisorisch gesichert. Die Klappbrücke ist ein wesentliches, aber nur kleines Beispiel dessen, was sich hier veränderte. Zwischen drei bis fünf Millionen Euro verschiedener Förderungen, wie für Stadtentwicklung, sind in die Sanierung der Gebäude, also Abdichtung der Dächer, Nachbau von Fenstern, Türen und Toren und die Wiederherstellung der Erdaufschüttungen geflossen. Wegeflächen der Festungsbauteile sind wieder gepflastert, Böden in die Grabenwehr und die Kasematten eingebaut, eine umfangreiche Ausstellung zur Geschichte Magdeburgs nutzt viele Räume. Und trotzdem ist noch Platz für kulturelle Veranstaltungen und für weitere Ideen der Festungsfreunde. Allein die aus den beim Bau des Magdeburger Ringes verschobenen Erdmassen ausgegrabene Hohltraverse südwestlich des Ravelin hat diese wieder verstärkt. Unter der Verschüttung hatte sich der Hohlraum mit Überresten aus seiner letzten Nutzung bis Mitte des vergangenen Jahrhundert erhalten. Warum sollte nicht unter dem Park des Glacis noch mehr »unter den Teppich« Magdeburger Verkehrsentwicklung geschoben worden und damit erhalten geblieben sein?

Foto links, die ausgegrabene Hohltraverse auf dem Wall des Ravelin 2, Dezember 2022

Zeit für ein langes Gespräch mit den engagierten Magdeburger Festungsfreunden war im Beginn des Adventsmarktes nicht. Aber kurz und informativ ging zwischendrin doch, zusammen mit einem Gruppenfoto von uns. Vor der Sanierung von Kavalier V und Ravelin 2 gab es auch seitens der Stadt große Skepsis. Während der Sanierung immer wieder die Schwierigkeit historische Details zu berücksichtigen. Der Verein ist von der Zahl der Mitglieder etwa doppelt so größer als unserer. Mit Veranstaltungen wie dem Adventsmarkt finanziert er sich und damit die Arbeit an Forschung und Erhaltung im Wesentlichen. Umso schöner, daß durch ihn nun seit wenigen Jahren ein weiterer Baustein der Festung Magdeburg zugänglich und nutzbar geworden ist.

Gruppenfoto
Gruppenfoto der Vereinsfreunde der ASG Fort Hahneberg mit Weihnachtsmann am Ravelin 2, Dezember 2022